Ist dir schon einmal aufgefallen, dass viele gute Bücher einem ähnlichen Aufbau folgen? Idealerweise schreiben Autor*innen ihre Geschichten so gut, dass nichts Schemenhaftes oder Vorhersehbares davon übrig bleibt, doch du kannst sicher sein, dass vielen der Lieblingsromane ein klassischer Spannungsbogen zugrunde liegt.
Spannungsbogen: Die Definition
Der Spannungsbogen oder die Spannungskurve ist ein zentrales Stilmittel für das Erzählen packender Geschichten. Deshalb ist es wichtig, dass du die wichtigsten Grundlagen kennst, wenn du selbst ein Buch schreibst. Ein guter Spannungsbogen sorgt dafür, dass die Lesenden von der ersten bis zur letzten Seite mitfiebern, dass sie unbedingt weiterlesen wollen – und dass sie das Buch am Ende mit einem guten Gefühl zuklappen. Der Spannungsbogen sorgt dafür, dass die Spannung oder Dramatik innerhalb der Handlung ansteigt, ihren Höhepunkt erreicht und am Ende abflacht, wenn es zur Auflösung kommt. Meist gibt es innerhalb des Spannungsbogens Überraschungen, Twists oder emotionale Wendepunkte, die für zusätzliche Effekte sorgen.
Spannungsbogen aufbauen: So geht’s
Der klassische Aufbau eines Spannungsbogen folgt der sogenannten Fünf-Akt-Struktur, die schon seit den alten griechischen Dramen in dieser Form besteht. Dabei geht es um diese fünf Phasen:
- Einleitung/Exposition: Du stellst die Figuren, Schauplätze und Konflikte deines Romans vor. Anfangs ist die Spannung noch eher gering, es geht darum, dass die Lesenden deine Welt kennenlernen und in sie eintauchen.
- Steigende Handlung/erregendes Moment: Jetzt nimmt die Geschichte Fahrt auf. Ein Konflikt entsteht (oder gleich mehrere), den Figuren begegnen Herausforderungen und Hindernisse. Die Lesenden beginnen, mitzufiebern.
- Höhepunkt/Klimax: Die Geschichte befindet sich auf dem Höhepunkt, die Spannung ist riesig, oft gibt es hier eine unerwartete Wendung, ein Konflikt spitzt sich zu.
- Fallende Handlung: Von jetzt an geht die Geschichte dem Ende entgegen und die Spannung nimmt ab. Es ist aber auch möglich, hier ein sogenanntes retardierendes Moment einzubauen, bei dem sich die Lösung des Konflikts noch herauszögert und die Spannung ein letztes Mal steigt.
- Auflösung (oder Katastrophe): Häufig enden Geschichten damit, dass der zentrale Konflikt gelöst ist, die Hauptfiguren ihre Herausforderungen bewältigt haben, ein Fall aufgeklärt wird, ein Liebespaar zueinanderfindet. Das wäre das Ende in Form einer Auflösung. Klassische Dramen enden allerdings auch manchmal mit einer Katastrophe – beispielsweise mit dem Tod einer Hauptfigur.
Tricks und Tipps für eine gute Spannungskurve
Der klassische Aufbau eines Spannungsbogens kann als Orientierung dienen, doch du solltest dich nicht starr an dieser Vorlag entlanghangeln und hoffen, dass du so eine wirklich spannende Geschichte entwirfst. Denn bei einem guten Roman geht es um so viel mehr – und die folgenden Tipps können dir helfen, die Spannungskurve für dein eigenes Buch individuell und überzeugend zu erschaffen. Zunächst ist es wichtig, alle Figuren und alle Konflikte der Handlung wirklich gut zu kennen. Führe dir vor Augen, durch welche Motivation und Bedürfnisse die Konflikte entstehen, wer an ihnen beteiligt ist und welche Hindernisse es gibt, sodass der Konflikt nicht sofort gelöst wird. Notiere das alles und führe es dir immer wieder vor Augen – denn ein guter Spannungsbogen überzeugt durch nachvollziehbare und klare Konflikte.
Baue die Spannung außerdem in Etappen auf: Wenn du sofort im ersten Kapitel zu viel Spannung erzeugst, kann auf den weiteren Seiten nicht viel folgen. Stell dir stattdessen tatsächlich einen bildlichen Spannungsbogen vor, der immer weiter ansteigt, bis die Spannung am Ende abfällt. Falls es dir schwerfällt, die Spannung von Kapitel zu Kapitel weiter zu erhöhen: Überraschungen, Enthüllungen und Eskalationen können dir dabei helfen.
Setze auf einen guten Wechsel zwischen Tempo und Pausen. Auch wenn die Spannung bis zum Höhepunkt immer weiter steigt, solltest du deinen Leser*innen Atempausen gönnen. Baue dafür immer wieder ruhigere Szenen ein, in denen es beispielsweise um die Gedanken und Erinnerungen einer Figur geht – und nicht um die ständige Zuspitzung des aktuellen Konflikts. Wichtig ist auch, dass du deinen Spannungsbogen an das Genre deines Buchs anpasst (dazu später mehr). Denn wenn du einen historischen Roman verfasst, ist der Spannungsaufbau anders zu gestalten als bei einem modernen Thriller.
Häufige Fehler beim Spannungsbogen
Wir alle lernen aus Fehlern – doch es gibt ein paar Punkte, die du dir in Sachen Spannungsbogen sparen kannst. Diese drei Fehler gehören dazu:
- Vorhersehbarkeit: Wenn du dich zu sehr an Vorlagen für eine Spannungskurve entlanghangelst, spüren das deine Leser*innen. Also lass dir immer Raum für Abweichungen vom Schema oder überlege dir, welche Überraschungen und Wendungen genau zu deiner Geschichte passen.
- Zu viele Höhepunkte: Auch wenn du versuchst, die Spannung hochzuhalten, solltest du nicht von Höhepunkt zu Höhepunkt springen. Das kann die Leser*innen überfordern und außerdem dazu beitragen, dass der Haupt-Konflikt des Buchs nicht als solcher wahrgenommen wird.
- Unnatürliche Wendungen: Lass dich nicht dazu verlocken, unbedingt große Überraschungen und Twists einzubauen, die am Ende unlogisch sind. Logikbrüche schwächen den Spannungsbogen, also überlege gut, was wirklich zu deiner Geschichte passt – und hole dir Feedback von Test-Leser*innen ein, wenn du unsicher bist.
Spannungsbogen je nach Genre
Wie du den Spannungsbogen deines Buchs gestaltest, hängt auch davon ab, in welchem Buch-Genre du dich bewegst. Je nach Genre gibt es Besonderheiten und wir stellen dir für einige Genres die wichtigsten Tipps in Sachen Spannungsbogen und Plot-Entwicklung vor:
- Krimis und Thriller: In diesen Genres ist der Spannungsbogen besonders wichtig – häufig gibt es mehrere Höhepunkte und die Auflösung (und somit der Spannungsabfall) folgt erst am Ende des Buchs. Um die Spannung aufrecht zu erhalten oder immer neue zu erzeugen, kannst du mit falschen Fährten oder Cliffhangern am Kapitelende arbeiten.
- Fantasyromane: Wenn du einen Fantasyroman schreibst, kannst du ebenfalls auf den klassischen Spannungsbogen mit seinen fünf Elementen setzen, auch wenn hier oft eine zentrale Figur und ihre „Heldenreise“ im Fokus steht. In Fantasyromanen gibt es häufig Bedrohungen der Hauptfigur oder ihrer Welt, die für Spannung sorgen.
- Liebesromane: In diesem Genre basiert der Spannungsbogen meist auf emotionalen Konflikten, es geht um Zerrissenheit und um zwischenmenschliche Dramen, die für Spannung sorgen. Oft geht es um die zentrale Frage, ob zwei Figuren am Ende zueinander finden – und diese Spannung solltest du bis zum Ende aufrechterhalten.
- Historische Romane: In diesem Genre ist die Spannung oft subtiler. Sie baut sich langsamer auf, doch auch hier ist eine gut gestaltete Spannungskurve entscheidend. Häufig entsteht die Spannung durch individuelle Herausforderungen der Hauptfiguren oder historische Ereignisse, die für Konflikte sorgen.
- Kurzgeschichte: Bei einer guten Kurzgeschichte oder auch einer Novelle ist ein funktionierender Spannungsbogen besonders wichtig – schließlich hast du nicht viel Platz, um die Figuren und ihre Konflikte vorzustellen, Spannung zu erzeugen und am Schluss für eine Auflösung oder eine Katastrophe zu sorgen. Der Aufbau des Spannungsbogen folgt ebenfalls den fünf Elementen, es geht nur alles viel schneller als bei einem Roman.
Fazit
Es gibt also feine Unterschiede je nach Buch-Genre, doch eins sollte dein Spannungsbogen immer erfüllen: Er sollte die Lesenden fesseln und mitfiebern lassen und sie dazu bringen, das Buch unbedingt bis zum Ende lesen zu wollen. Wenn du dich fragst, wie genau das aussehen kann und wie du es schaffst, dabei nicht zu schemenhaft zu schreiben, dann hilft wie so oft ein Blick in deine Lieblingsbücher. Du wirst dort sicher die beschriebenen Elemente eines Spannungsbogens wiederfinden – ohne dass sie dir beim ersten Lesen aufgefallen sind. Wenn das der Fall ist, dann hast du klar vor Augen, wie ein guter Spannungsbogen funktioniert und kannst das jetzt auf dein neues Buch anwenden.