Zeitstruktur & -Perspektiven für mehr Lesespannung

Einblicke in die Zukunft oder in die Vergangenheit – die zeitliche Struktur Ihrer Geschichte ist ein effektiver Hebel, um Spannung bei Ihren Lesern zu erzeugen.…

24.09.2015 · Polina Wismer Schreiben · Wissen

Um die Wende- und Höhepunkte Ihres Buches zu verstärken, sollten Sie als Autor überlegen, wie Sie den Inhalt Ihrer Geschichte vermitteln möchten. Die zeitliche Struktur eines Buches unterstützt im Allgemeinen das Genre und gibt Ihren Lesern die Möglichkeit, das die Handlung Ihrer Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Wichtige Ereignisse können aus unterschiedlichen zeitlichen Perspektiven erzählt werden. Mit Zeitsprüngen in Ihrem Buch entscheiden Sie, in welcher Reihenfolge Ihre Leser Ihre Geschichte wahrnehmen. Eine zeitliche Struktur ist ein sehr gutes Hilfsmittel, die Gedanken Ihrer Leser zu beeinflussen und zu „manipulieren“, um die Geschichte Ihres Buches für den Leser überraschend und spannend zu gestalten.

Chronologische und Anachronische Erzählung
Für Zeitsprünge innerhalb einer Geschichte gibt es verschiedenste Darstellungsweisen. So können Sie Ihre Geschichte entweder chronologisch oder anachronisch erzählen.
Eine Chronologie zeigt im Buch das Geschehene der Reihenfolge nach, also vom Anfang bis zum Ende. Als Autor beschreiben Sie die Handlung relativ detailliert und verschweigen kaum etwas. Ein klassisches Beispiel für eine Chronologie sind Märchen. Ein Märchen beginnt üblicherweise mit einer Einführung und steigert sich langsam zum Höhepunkt der Handlung. Nach einem Wendepunkt folgt die Auflösung. Der Leser kann den Figuren immer folgen und die Wachstumsprozesse der Geschichte oder Konflikte sind immer gut nachvollziehbar.

Eine anachronische Erzählung bricht die Reihenfolge, sodass die Ereignisse einer Geschichte zu unterschiedlichsten Zeitpunkten auftreten. Ein bekanntes Beispiel für eine anachronische Erzählung ist der Krimiroman. Bei einem Krimi wird nämlich meist die Tat, um die es sich bei der Geschichte dreht, zunächst nur erwähnt. Zur Auflösung des Falles, also wie und durch wen es zu der Tat kam, kommt es jedoch erst zum Schluss. Die Figuren und ihre Handlungen können für den Leser also bis zum Ende eines Buches im Verborgenen bleiben. Die Spannung beim Lesen wird so bis zum Schluss gesteigert.

Da die anachronische Erzählweise einer Geschichte besondere Spannung verleiht, ist es sinnvoll, darauf genauer einzugehen.
Es gibt drei klassische Beispiele für anachronische Strukturierungen eines Buches:

Analepse (Flashback) – steht für einen „Sprung“ in die Vergangenheit. Je nach Wichtigkeit eines Ereignisses wird in einer Geschichte eine kurze oder etwas längere Rückwendung beschrieben. Häufig wird so eine Rückblende über die Erinnerung einer Figur innerhalb der Geschichte dargestellt. So kann sich die Figur vielleicht kurzfristig daran erinnern, wo sie einen Gegenstand vergessen oder verloren hat. Oder der Protagonist erinnert sich an einen längeren Zeitabschnitt zurück, beispielsweise seine Kindheit. Ein Flashback wird sehr häufig benutzt, um zum Anfang einer Geschichte Neugierde und Spannung zu erzeugen oder an der passenden Stelle das Geheimnis zu lüften.
Prolepse (Flash-forward) – steht für die Eröffnung der Zukunft. Eine Prolepse hilft, die Aufmerksamkeit der Leser direkt am Anfang des Buches zu gewinnen. Ein klassisches Beispiel in der Literatur ist der Prolog. In einem Prolog wird meist eine kurze Vorgeschichte beschrieben. Es wird von Figuren gesprochen, welche dem Leser bisher nicht bekannt sind. Das führt dazu, dass der Leser erfahren möchte, was mit der Figur geschehen ist und wie es zu einer bestimmten Situation gekommen ist. Der Leser möchte das Buch weiterlesen, um eine Auflösung zu erhalten. Der Autor kann einen Flash-forward in seine Geschichte einbauen, indem er dem Leser beispielsweise Einblick in die Träume oder Visionen zukünftiger Situationen der Protagonisten gewährt.
Ellipse – Die Ellipse wird häufig bei einer längeren Entwicklung einer Situation benutzt. Hierbei handelt es sich um eine zeitliche Lücke, welche je nach Relevanz erst zu einem späteren Zeitpunkt mit Informationen gefüllt wird. So lässt der Autor zum Beispiel die unwichtigen, alltäglichen Ereignisse aus oder lässt die Beschreibung eines bestimmten Altersabschnittes weg, weil in diesem Zeitraum nichts für den Leser Wichtiges geschieht. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Autoren mit einem neuen Kapitel anfangen und damit zu einem neuen Zeitabschnitt übergehen. Teils wird auf die zwischen den Kapiteln weggelassenen Zeitabschnitte in einem späteren Kapitel weiter eingegangen, um den Leser darüber aufzuklären, was in der entsprechenden Phase geschehen ist.
Als Autor können Sie auch mit der Zeitstruktur innerhalb Ihrer Geschichte spielen, in dem Sie die Zeit phasenweise dehnen oder beschleunigen. Sie als Autor wählen das passende Tempo. Spielt Ihre Geschichte über einen Zeitraum weniger Tage, beschreiben Sie diese ruhig besonders detailreich. Geht es um einen langen Zeitabschnitt, beispielsweise ein ganzes Jahrhundert, können Sie auch ohne weiteres zeitliche Lücken bestehen lassen.

FAZIT

Folgen Sie bei Ihrer Geschichte einer individuell zu Ihrer Geschichte passenden zeitlichen Struktur. So nutzen Sie eine effektive Möglichkeit, Höhe- und Wendepunkte zu verstärken und die Spannung bei Ihren Lesern zu steuern und an den richtigen Stellen zu erhöhen.

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