Für eine gute Kurzgeschichte brauchst du nur wenig Zeit? Von wegen: Es kann eine besondere Herausforderung sein, eine überzeugende Geschichte kurz und knapp zu erzählen – und es ist eine tolle Schreibübung für dich als Autor*in. Welche Merkmale eine Kurzgeschichte ausmachen und mit welchen Tricks sie richtig gut wird, zeigen wir dir hier.
Merkmale einer Kurzgeschichte
Das wichtigste Merkmal steckt bereits im Namen: Eine Kurzgeschichte ist kurz. Im Gegensatz zu ausschweifenden Erzählungen oder langen Romane steht nur eine begrenzte Anzahl an Zeichen zur Verfügung, um die Figuren einzuführen, Spannung aufzubauen, einen Konflikt zu lösen und dann einen guten Abschluss zu finden. Damit das klappt, hat eine Kurzgeschichte weitere Merkmale, die sie zu einem überzeugenden Text machen:
- Prägnante Formulierungen: Überflüssiges hat in einer Kurzgeschichte keinen Platz, konzentriere dich beim Schreiben auf das absolut Wesentliche.
- Wenige Charaktere: Es tauchen nur wenige Figuren auf (manchmal sogar nur eine Hauptfigur), deren Erlebnisse und Emotionen im Fokus stehen. Oft werden die Charaktere nicht umfassend dargestellt, sondern durch wenige, besonders herausstechende Eigenschaften greifbar gemacht.
- Zentrales Thema: Meist konzentriert sich eine Kurzgeschichte auf ein zentrales Thema, einen bestimmten Moment im Leben der Hauptfigur oder auf eine einzelne Entscheidung.
- Offener Anfang: Häufig beginnt eine Kurzgeschichte mitten in der Handlung und zieht die Lesenden so direkt hinein (mehr zu einem guten Anfang später). Das baut Spannung auf und vermeidet unnötige Längen.
- Verdichtung in der Sprache: Da in einer Kurzgeschichte jedes Wort zählt, gibt es keine unnötigen Beschreibungen oder ausschweifenden Dialoge. Die Sprache ist verdichtet, sie besteht aus präzisen Formulierungen und starken Bildern.
- Klarer Erzählstil: Direkte Formulierungen statt komplizierter Erzähltechniken – so ist es in der Kurzgeschichte möglich, die Handlung zu transportieren, ohne die Lesenden zu verwirren.
- Eindruck des Innenlebens: Da häufig eine Person im Fokus steht, geht es oft um ihr Innenleben: Die Gedanken und Gefühle werden beschrieben, damit es gelingt, trotz der Knappheit der Geschichte eine emotionale Bindung zu erschaffen.
Kurzgeschichte schreiben: Wie gelingt der Einstieg?
Wie schon erwähnt, beginnen die meisten Kurzgeschichten unmittelbar im Geschehen. Für lange Erklärungen und Herleitungen ist kein Platz, stattdessen zieht der Einstieg die Lesenden sofort in die Kurzgeschichte hinein und sorgt dafür, dass vom ersten Moment an Spannung erzeugt, Bilder transportiert oder Emotionen geweckt werden. Dafür gibt es drei beliebte Mittel, die du für den Einstieg deiner Kurzgeschichte wählen kannst:
- Szenischer Einstieg: Du kannst durch eine prägnante Beschreibung ein Bild im Kopf der Lesenden erzeugen und dadurch eine besondere Atmosphäre zu Beginn deiner Kurzgeschichte erschaffen. Beispiel: Sie lag reglos auf dem Sofa. Die Beine an der Wand hochgestreckt, die Augen geschlossen. In der rechten Hand das Handy, aus dem noch eine aufgewühlte Stimme zu hören war.
- Einstieg mitten im Geschehen: Beginne mitten in einer Handlung, die neugierig macht und die Lesenden sofort in die Geschichte hineinholt. Beispiel: Sie warf das Handy mit einem Knall auf den Boden und schrie, so laut sie konnte. Da ging die Tür auf und Jonathan blickte zögernd hinein: „Alles in Ordnung mit dir?“
- Mit einer Frage beginnen: Um sofort Spannung zu erzeugen, kannst du auch mit einem Rätsel oder eine Fragestellung in die Kurzgeschichte einsteigen. Beispiel: Warum rief sie nicht mehr an – nach allem, was heute im Schlafzimmer passiert war? Und wieso war sie seit Stunden nicht zu erreichen?
Welche Variante zum Einstieg in deine Kurzgeschichte passt, hängt von der Handlung und deiner individuellen Vorliebe ab. Wichtig ist, dass der Anfang nicht zu unübersichtlich ist und dass du – trotz des begrenzten Platzes später – nicht den Fehler machst, den Einstieg zu überladen. Entscheide dich für klare und überschaubare Informationen, alles Weitere kannst du nachliefern.
- Du möchtest eine Kurzgeschichte schreiben, dir fehlt allerdings noch ein bisschen Inspiration? Schreibwettbewerbe sind einerseits eine tolle Möglichkeit dich im Schreiben zu üben – andererseits helfen sie dir erste Erfolge zu erzielen und deinen Namen in der Buchwelt bekannt zu machen.
Wie sieht das Ende einer guten Kurzgeschichte aus?
Wie beim Anfang einer Kurzgeschichte gilt auch beim Ende: Es gibt verschiedene beliebte Varianten, aus denen du wählen kannst. Meist geht es entweder darum, die Lesenden mit einem Gefühl der Überraschung oder mit einem Gefühl der Zufriedenheit (nach Auflösung eines Konflikts) zu verabschieden. Dafür gibt es folgende Optionen für das Ende der Kurzgeschichte:
- Offenes Ende: Wenn deine Kurzgeschichte das Ziel hat, zum Nachdenken anzuregen und eigene Gedanken bei den Lesenden zu erzeugen, kann ein offenes Ende sinnvoll sein. Hier endet die Kurzgeschichte mit einer offenen Frage oder damit, dass die Hauptfigur noch vor einer wichtigen Entscheidung steht.
- Auflösung zum Ende: Das Gegenteil vom offenen Ende ist ein Abschluss, bei dem der in der Kurzgeschichte beschriebene Konflikt gelöst wird. Vielleicht erlangt die Hauptfigur eine wichtige Erkenntnis, trifft eine entscheidende Person oder schließt Frieden mit einer schwierigen Situation. So lässt du die Lesenden mit einem zufriedenen Gefühl zurück – für sie ist die Geschichte damit abgeschlossen.
- Überraschendes Ende: Du hast auch die Möglichkeit, mit einer Pointe zu enden. Bei dieser Art von Schluss gibt es eine Überraschung und einen Twist zum Ende der Kurzgeschichte. Die Lesenden erfahren etwas Unerwartetes und werden häufig mit Erstaunen zurückgelassen.
Achte in jedem Fall darauf, dass der gewählte Schluss zur Handlung deiner Kurzgeschichte passt. Es ist nicht immer möglich, ein gut funktionierendes offenes Ende zu schreiben. Vielleicht schließt du diesmal lieber mit einer Auflösung ab und sparst dir das Stilmittel des offenen Endes für die nächste Kurzgeschichte auf?
Kurzgeschichte schreiben: Wie findest du ein Thema?
Bevor du dir detaillierte Gedanken um Einstieg oder Schluss machen kannst, brauchst du ein Thema, über das du in deiner Kurzgeschichte schreiben willst. Wie findest du das? Eigentlich gilt hier wie bei der Idee für ein Buch: Du kannst überall Inspiration finden. Da es bei Kurzgeschichten oft um eine zentrale Figur geht, kannst du zum Beispiel hier ansetzen: Über wen möchtest du schreiben, was macht diese Person aus, welchen Konflikt durchlebt sie? Vielleicht fällt dir sofort ein starker Charakter ein oder du erinnerst dich an die Aussage einer Person (oder Figur im Roman oder Film), aus der du eine Geschichte entwickeln könntest? Dann leg sofort los.
Auch Alltagsbeobachtungen lassen sich zu einer Kurzgeschichte machen: Setze dich auf eine Parkbank oder ins Café und beobachte die Menschen. Was kannst du sehen und hören, welche Gedanken und Emotionen schreibst du den Personen zu – wo könnte sich hier eine gute Geschichte verbergen? Auch Gefühle können ein guter Ausgangspunkt sein. Vielleicht möchtest du eine Kurzgeschichte über innere Zerrissenheit, über Hoffnung oder über Melancholie schreiben? Dann überlege dir, welche Figur und welcher Handlungsverlauf dazu passen.
Auch deine persönlichen Erfahrungen können ein Schatz voller Inspiration sein. Überlege, was dich in deinem Leben besonders bewegt hat – oder welche Situation zu einer spannenden Geschichte geworden wäre, wenn sie anders ausgegangen wäre. Überhaupt kann die Frage „Was wäre, wenn?“ dir viel Inspiration liefern: Was wäre, wenn man einfach den ganzen Tag die Wahrheit sagen würde? Was wäre, wenn man einfach den nächsten Flieger irgendwohin nehmen würde? Was wäre, wenn es plötzlich klingelt und eine völlig unerwartete Person vor der Tür steht?
Vielleicht entstehen schon jetzt Bilder in deinem Kopf, die das Zeug für eine Kurzgeschichte haben? Notiere sie gerne sofort und greife auf diese Notizen zurück, wenn du dich bald an deine Tastatur setzt, um eine Kurzgeschichte zu schreiben.
5 Übungen: So schreibst du eine gute Kurzgeschichte
Wie du lernst, eine gute Kurzgeschichte zu schreiben? Indem du es immer wieder tust. Das Schreiben (von Kurzgeschichten und allen anderen Texten) ist ein Handwerk und je mehr Übung du hast, desto besser wirst du. Deshalb hilft es dir, immer wieder Kurzgeschichten zu verfassen, wenn du Profi auf diesem Gebiet werden möchtest. Zeige deine Kurzgeschichten Test-Leser*innen, lass dir ehrliches Feedback geben und sei bereit, es anzunehmen. So werden deine Kurzgeschichten immer besser – garantiert.
Zusätzlich gibt es konkrete Übungen, die dir helfen, dein Schreiben von Kurzgeschichten zu verbessern:
- Schreibe mit Extra-Hürden: Überlege dir vorab eine Beschränkung, die du beim Schreiben deiner Kurzgeschichte zu beachten hast. Schreibe zum Beispiel nur 200 Wörter, lass die Geschichte nur an einem einzigen Ort spielen, verzichte auf Dialoge und versuche, eine packende Kurzgeschichte nur durch Beschreibungen zu formulieren. All das hilft dir, besser zu werden und dich beim Schreiben verschiedenen Umständen anzupassen.
- Schreibe eine Kurzgeschichte zu einem Foto: Wähle spontan ein Bild aus, zu dem du eine Kurzgeschichte verfasst. Dazu kannst du eine alte Foto-Kiste hervorholen, eine Postkarte nehmen oder einfach eine Online-Bilddatenbank öffnen und schauen, was dir begegnet. Lass das Bild auf dich wirken und dann deine Fantasie fließen.
- Schreibe Charakter-Skizzen: Wenn dir mal nicht nach dem Schreiben einer ganzen Kurzgeschichte ist, kannst du dich Charakter-Skizzen widmen. Verfasse für beliebige Figuren eine umfassende Beschreibung ihrer Geschichte, ihrer Emotionen, ihrer Herausforderungen, ihrer Eigenschaften, ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Das hilft dir, immer glaubwürdigere Charaktere zu erschaffen.
- Schreibe aus verschiedenen Erzählperspektiven: Aus welcher Perspektive du deine Kurzgeschichte schreibst, prägt den Eindruck entscheidend. Schreibe mal aus der Ich-Perspektive, mal mit einem auktorialen Erzähler – so übst du die verschiedenen Varianten. Extra-Übung hierbei: Schreibe die Geschichte aus Sicht eines unbelebten Objekts, zum Beispiel aus der Perspektive einer Tasse oder einer Sofadecke. Das macht es dir möglich, dich wirklich in unbekannte Perspektiven zu versetzen.
- Kürze deine Kurzgeschichte: Nimm eine Kurzgeschichte, die du bereits geschrieben hast und kürze sie um 20 Prozent. Das mag auf den ersten Blick unmöglich wirken, aber du kannst hier dem Prinzip „Kill your Darlings“ folgen: Streiche das, was dir auf den ersten Blick am Herzen liegt – und beobachte, ob die zusätzliche Straffung deine Kurzgeschichte noch besser macht.
Häufige Fehler beim Schreiben einer Kurzgeschichte
Wenn du häufig Kurzgeschichten schreibst, wirst du dabei auch Fehler machen und aus ihnen lernen. Das ist völlig normal und es ist hilfreich auf deinem Weg als Autor*in. Trotzdem gibt es einige Fehler bei Kurzgeschichten, die du dir sparen kannst. Dazu zählt, dass du zu viele Informationen mitgibst. Denn eine Kurzgeschichte lebt von prägnanten Details und nicht von ausschweifenden Beschreibungen. Schwierig ist es auch, wenn du keine klare Perspektive hast, aus der du die Kurzgeschichte erzählst. Wenn die Lesenden nicht wissen, wer gerade die Erlebnisse schildert – oder die Erzählperspektive in einer Kurzgeschichte oft wechselt – verwirrt das nur und nimmt die Lust am Lesen.
Genauso sollte Klarheit bei der Handlung bestehen. Führe dir vorab vor Augen, worum es in deiner Kurzgeschichte geht, wie der kleine Plot dieser Geschichte aussieht und auf was du lieber verzichtest. Wenn du selbst keine Klarheit hast, ist das ein Fehler, der sich auf die Qualität deiner Kurzgeschichte auswirkt. Mache außerdem nicht den Fehler, zu viele Figuren in deiner Kurzgeschichte unterzubringen – auch das sorgt für unnötige Komplexität. Wenn du zu viele spannende Charaktere im Kopf hast, verteile sie lieber auf verschiedene Kurzgeschichten, so hast du genug Material, um immer wieder eine neue Kurzgeschichte zu schreiben.
Kurzgeschichte schreiben: Wie kannst du sie veröffentlichen?
Deine Kurzgeschichte ist fertig und nun möchtest du sie unter die Leute bringen? Dann stehen dir verschiedene Wege offen:
- Deine eigene Seite: Du kannst selbst eine Website erstellen, auf der du deine Kurzgeschichten veröffentlichst. Das hat den Vorteil, dass du selbst über die Veröffentlichung bestimmst und die Kurzgeschichten so darstellen kannst, wie es dir gefällt. Gleichzeitig bedeutet es, dass du selbst Leser*innen für deine Geschichten gewinnen musst – das kann am Anfang viel Arbeit sein.
- Literaturplattformen: Eine weitere Möglichkeit ist es, deine Kurzgeschichten auf einer passenden Plattform zu veröffentlichen. Bei Anbietern wie „Wattpad“ oder „Belletristica“ kannst du deine Texte hochladen und Feedback von Lesenden oder anderen Autor*innen erhalten. So lernst du dazu und kannst dir eine eigene Community aufbauen.
- Schreibwettbewerbe: Es gibt viele Schreibwettbewerbe speziell für Kurzgeschichten. Recherchiere gründlich, welcher Wettbewerb zu deinem Thema und deinem Stil passt und dann bewirb dich. So erhältst du die Chance, ein großes Publikum zu erreichen und im Idealfall sogar eine Auszeichnung für deine Kurzgeschichte zu erhalten.
- Anthologien: Dieser Begriff bezeichnet Sammlungen von Kurzgeschichten von unterschiedlichen Autor*innen zu einem bestimmten Thema oder aus einem gemeinsamen Genre. Du kannst zum Beispiel über Social Media andere Autor*innen finden und dich mit ihnen zusammenschließen, um eine gemeinsame Anthologie zu veröffentlichen.
- Dein Kurzgeschichten-Buch: Du hast selbst genug Kurzgeschichten für ein Buch geschrieben? Mit Self-Publishing ist es ganz einfach, dein eigenes Buch zu veröffentlichen. Sammle die besten Kurzgeschichten und stelle sie zu einem Buch zusammen – wenn du dieses gut vermarktest, kannst du mit deinen Kurzgeschichten so viele Menschen erreichen.
Fazit
Für welchen Weg der Veröffentlichung du dich auch entscheidest: Wir sind uns sicher, dass du mit diesen Tipps und Übungen auf dem besten Weg bist, ein Profi im Schreiben von Kurzgeschichten zu werden – und wir wünschen dir viel Freude bei all den Geschichten, die du erzählen wirst.