Charakterbogen erstellen: So lernst du die Figuren deines Romans kennen  

Wie behältst du den Überblick über alle Charaktere in deiner Geschichte und welche Details solltest du über jeder Figur wissen? Ein Charakterbogen gibt Antworten. 

Ein guter Roman lebt von überzeugenden Figuren. Sie sollten vielschichtig und authentisch sein, nicht zu klischeehaft gestaltet und idealerweise so, dass sie den Lesenden Identifikationspotenzial bieten. Solche glaubwürdigen Charaktere zu entwickeln und es im gesamten Buch zu schaffen, alle Dialoge und Handlungen anhand der jeweiligen Eigenschaften entlangzuschreiben, ist eine echte Herausforderung. Wenn du sie als Autor*in meistern willst, um ein wirklich gutes Buch zu veröffentlichen, kann dir ein Charakterbogen für jede Romanfigur helfen. Wir zeigen dir, welche Punkte dieses Formular enthalten sollte und stellen dir eine Charakterbogen-Vorlage zum Download bereit.  

Was ist ein Charakterbogen?  

Ursprünglich stammt der Begriff Charakterbogen aus der Welt der sogenannten „Pen & Paper“-Rollenspiele, in denen die Teilnehmenden in die Rolle verschiedener Charaktere schlüpfen und deren Eigenschaften übernehmen. Um das erfolgreich zu schaffen, muss es natürlich ausreichende Informationen darüber geben, was die jeweilige fiktive Person ausmacht – und das leistet ein Charakterbogen. Er fasst die wichtigsten Fakten zu einem Charakter zusammen (Alter, Herkunft, Beruf, Familienstand usw.), geht aber auch auf persönliche Herausforderungen und Vorlieben ein.  

Ein Charakterbogen verrät auch, mit welchen Personen enge Beziehungen bestehen oder welche Gegenstände diesem Charakter besonders wichtig sind. Kurzum: Wenn du einen gut ausgefüllten Charakterbogen vor dir hast, hast du das Gefühl, diese Person wirklich kennenzulernen. In jedem Fall kannst du dir ein gutes Bild von ihr machen. In der Welt der Roman-Autor*innen hat sich ein Charakterbogen etabliert, um vor dem Schreiben die Besonderheiten jeder Figur festzulegen – denn ähnlich wie bei einem Rollenspiel versetzen sich Autor*innen während des Schreibens auch immer in die Charaktere ihrer Geschichte hinein.

Ein Charakterbogen hat verschiedene Funktionen, die dir das Schreiben eines glaubwürdigen Romans erleichtern. Ein solches Dokument hilft dir:  

…deine Figuren in jeder Situation klar vor Augen zu haben. Selbst, wenn du am Anfang sicher bist, dass du niemals vergessen wirst, welches Auto deine Hauptfigur fährt, wie sie sich in Beziehungen verhält oder welches Ereignis das Verhältnis zu ihrem Vater besonders prägte: Je komplexer dein Roman ist, desto schwieriger wird es dir im Laufe der Zeit fallen, den Überblick über alle Details zu behalten.  

…authentische Charaktere zu erschaffen. Wenn eine Romanfigur deine Leser*innen überzeugen oder berühren soll, braucht sie individuelle Eigenschaften, sie hat innere Konflikte, sie verwendet eine bestimmte Sprache. Ein Charakterbogen hilft, dich intensiv mit den einzelnen Figuren auseinanderzusetzen und so dafür zu sorgen, dass die einzelnen Charaktere nicht platt, sondern wirklich interessant sind.  

…einen durchweg logischen Roman zu schreiben. Stell dir vor, du schreibst einen Fantasy-Roman mit verschiedenen Welten und mehreren Hauptfiguren, die alle über andere Fähigkeiten und Ziele verfügen. In so einem Werk sollten unbedingt die Details stimmen – und ein Charakterbogen sorgt dafür, dass du zu jeder Zeit nachschlagen kannst, welches Lieblingsgetränk oder welche magische Kraft eine bestimmte Figur hat. Das minimiert das Risiko von Logikbrüchen, die deine Leser*innen garantiert stören.  

Wenn du einen Charakterbogen für eine Figur erstellen willst, kann du dafür gerne die Vorlage verwenden, die wir dir am Ende des Textes zum Herunterladen und Ausfüllen bereitstellen. Natürlich ist es auch möglich, eine eigene Vorlage anzufertigen – wichtig ist dabei, dass die folgenden Dimensionen und Elemente enthalten sind:  

  • Grundlegende Informationen zur Person: Name, Spitzname, Pronomen, Alter, Wohnort, Geburtsdatum, Geburtsort, Beruf – fülle einen kompletten Steckbrief aus, so wie du es bei einem offiziellen Antrag oder bei einer Behörde tun würdest.  
  • Äußeres Erscheinungsbild: Größe, Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe, Figur. Mache dir wirklich ein klares Bild von der Figur. Dann beschreibe, wie sie spricht, welche Kleidung sie trägt, welche Accessoires immer dabei sind und ob es offensichtliche Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit gibt.  
  • Charaktereigenschaften: Was mag die Person, wie sieht ein klassischer Tag aus, wo liegen ihre Stärken, wo ihre Schwächen? Auch Ticks und mögliches Suchtverhalten gehören hier rein, genau wie die persönliche Motivation, der eigene Antrieb sowie die Ängste und Zweifel der Person.  
  • Charakteranalyse: Du kannst Faktoren wie Intelligenz, Empathie, Geselligkeit und Selbstvertrauen auf einer Skala von 0 bis 100 bewerten – das sorgt dafür, dass du dich wirklich intensiv mit der Person auseinandersetzt.  
  • Charakterprofil: Wie steht es um die Bildung und wie um die finanzielle Situation der Figur? Gehört sie einer Glaubensrichtung an und gibt es prägende Orte oder Geheimnisse?  
  • Bekanntenkreis: Nun geht es um die Menschen um die Figur herum. Lege hier Rolle, Namen, Geschlecht und Art der Beziehung fest – einige dieser Personen werden sicher noch einen eigenen Charakterbogen erhalten.  
  • Charakterentwicklung: Was passierte in der Vergangenheit, wie ist die Situation zu Beginn der Geschichte und was hat sich bis zum Ende der Handlung verändert? Beobachte hier die persönliche Entwicklung und das Wachstum der Figur.  
  • Inventar und Besitz: Was trägt die Person in der Geschichte bei sich und was besitzt sie darüber hinaus? Lege fest, ob ihr Rucksack dunkelgrün oder türkis ist – und halte dich konsequent daran. Gehe hier gern ins Detail, um später ein wirklich stimmungsvolles Bild abgeben zu können.  
  • Sonstiges: Jede Figur ist einzigartig, deshalb kann es sein, dass einige Eigenschaften oder Besonderheiten bis hierhin noch nicht erwähnt wurden. Erlaube dir, diese Informationen am Ende noch in einem Freifeld unterzubringen.  

Ob du vor Beginn des Schreibens für jede (dir zu diesem Zeitpunkt bekannte) Figur einen Charakterbogen ausfüllst, das ist individuelle Vorliebe. Es kann dir zum Start helfen, die Charaktere in deiner Geschichte richtig gut kennenzulernen, dich mit ihrer Vorgeschichte und Motivation auseinanderzusetzen und dir ihre inneren Konflikte einmal klar vor Augen zu führen. Doch achte darauf, dass du dich hier nicht in den Details verlierst: Viele kleine Aspekte ergeben sich sicher erst beim Schreiben – und wenn du vorab unbedingt festlegen willst, welche Farbe das Lieblingskuscheltier in der Kindheit hatte oder mit welchem Wortlaut eine Person eine Beziehung beendet hat, dann kann das dazu führen, dass du dich verzettelst.  

Ein sinnvoller Weg kann es sein, zu den Hauptfiguren vorab die wichtigsten Elemente des Charakterbogens auszufüllen und diesen dann im Schreibprozess nach und nach weiter zu befüllen. Denn sobald du als Autor*in tief in die Geschichte eintauchst und in einen echten Schreibflow kommst, wird die Welt des Romans und mit ihr alle zentralen Figuren noch viel lebendiger – das Material, mit denen du deine Charakterbogen befüllst, entsteht also ganz von selbst.  

Der wohl wichtigste Tipp (und umgedreht gleichzeitig ein häufiger Fehler) lautet: Vermeide Stereotype. Es ist einfach, Figuren entlang eines Klischees zu entwickelt, bekannte Geschlechterrollen zu reproduzieren oder eindimensionale Charaktere zu verwenden, die wir alle aus einem Kontext kennen: der cholerische Chef, das arrogante Modepüppchen, die romantische Träumerin, der tief im Innern verunsicherte Angeber. Wenn du deinen Roman mit solchen klischeebehafteten Figuren füllst, wird die Geschichte platt wirken und sie wird es schwer haben, einen echten Funken der Begeisterung zu erzeugen. Deshalb gilt: Entferne dich von Stereotypen und erschaffe vielschichtige, komplexe Figuren.  

Dazu gehört aber auch: Achte auf die Glaubwürdigkeit. Selbst wenn es komplex und interessant wirken mag, wenn eine Figur über sehr gegensätzliche Bedürfnisse und Eigenschaften verfolgt, solltest du im Blick haben, dass dieser Charakter noch immer glaubwürdig sein sollte. Es ist ein schmaler Grat, auf dem du dich bewegst, wenn du innere Zerrissenheit darstellen, aber dabei nicht unlogisch erscheinen willst.  

Den dritten Tipp haben wir bereits angedeutet: Verzettele dich nicht. Details sind wichtig, zu viele Details jedoch nicht nötig. Frage dich immer, was für deine Leser*innen wichtig ist und worauf du erst einmal verzichten kannst. Und mach dir dabei immer bewusst, dass du im weiteren Schreibprozess jederzeit weitere Kleinigkeiten einfügen kannst.  

Manchmal kann es dir schwerfallen, zu einer Figur alle nötigen Informationen in einem Charakterbogen festzuhalten. Dann mag es helfen, dass du dir eine Interviewsituation mit dieser Person vorstellst: Versetze dich wirklich in eine Szene hinein, in der du der Figur gegenübersitzt, und stelle ihr alle Fragen, die für dich noch offen sind. Wenn es dir gelingt, dich darauf einzulassen, kannst du so auf einer weniger rationalen Ebene die wesentlichen Eigenschaften deiner Figur herausfinden und diese festhalten. Es ist auch möglich, mit einer Figur des Romans über eine andere zu sprechen – vielleicht findest du so Inspiration für mehrere Charakterbögen auf einmal.  

Du möchtest gleich damit beginnen, die Figuren deines Buchs lebendig werden zu lassen und dich stark in ihre Geschichte hineinzuversetzen? Dann musst du dir über die äußere Form dafür keine Gedanken machen, sondern du kannst einfach unsere Vorlage zum Ausfüllen herunterladen. Ob du das digital an deinem Computer tust oder dir die Vorlage ausdruckst und mit dem Stift befüllst, das ist ganz dir überlassen.  

Idealerweise erschaffst du dir vor dem Ausfüllen auch die passende Atmosphäre: Wenn du nach einem stressigen Tag in der Bahn sitzt, könnte es dir schwerer fallen, Inhalte für alle Abschnitte des Charakterbogens zu liefern, schließlich ist auch das Ausfüllen ein kreativer Prozess. Also begib dich in die Umgebung, von der du weißt, dass sie deine Kreativität fördert – und dann mach dich auf den spannenden Weg, deine Romanfiguren persönlich kennenzulernen.  

Autorin

Julia Allmann

Julia Allmann

ist freie Journalistin und Buch-Autorin. Sie liebt gute Texte und Geschichten, vor allem solche, die etwas bewegen können. Sie lebt mit zwei Kindern in Köln und schreibt am liebsten über Nachhaltigkeit, Gesellschaftsthemen und Female Empowerment – und übers Schreiben selbst. Privat liest sie gerne Sachbücher über Persönlichkeitsentwicklung und zum Ausgleich unterhaltsame Romane.

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