Typografie und Lesbarkeit

Nicht nur der Inhalt, auch die Optik eines Textes sollte die Leser überzeugen. Wir haben die wichtigsten Grundlagen und Hinweise zusammen getragen, damit die ansprechende…

24.01.2019 · BoD Gestalten · Veröffentlichen · Wissen

Leser haben Ansprüche – an den Inhalt, an das Cover, an die Qualität des Drucks, an die Haptik. Und an die Typografie, trotz der geringen Beachtung, die ihr zunächst geschenkt wird. Der beste Inhalt wird sich schwertun, wenn die Anordnung des Textes und die Wahl der Schrift sowie deren Aufbereitung das Lesen erschweren. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die die Lesbarkeit eines Textes stark beeinflussen können, zum Negativen wie zum Positiven.

Was versteht man unter Typografie?

Bei der Typografie geht es um die visuelle Gesamterscheinung eines Textes und sämtlicher dazugehöriger Gestaltungselemente. Ihr Ziel ist es, den Inhalt und alle gestalterischen Elemente in einer optisch ansprechenden Form anzuordnen. Dem Betrachter soll das Erfassen sämtlicher Inhalte so angenehm und einfach wie möglich gemacht werden. Dafür benötigt man Wissen über Lese- bzw. Betrachtungsgewohnheiten, die nicht nur von Mensch zu Mensch unterschiedlich, da subjektiv, sind, sondern auch von der Art der Inhalte und des Lesens abhängig sind.

Die wichtigsten Einordnungen

Einheitliche Gestaltungsregeln für Texte gibt es dementsprechend nicht. Auf persönliche Präferenzen und subjektive Wahrnehmung Ihrer Leser Rücksicht zu nehmen ist natürlich schwierig, die Fragen nach dem WO, dem WIE und dem WAS sollten Sie allerdings berücksichtigen, um möglichst flüssiges Lesen zu ermöglichen.

  • WO wird gelesen? Ob Bildschirm oder Print spielt eine entscheidende Rolle. In diesem Text sollen die Gestaltungsmöglichkeiten für Printtitel beleuchtet werden, Tipps für E-Books finden Sie ebenfalls hier und hier auf unserem Blog.
  • WAS wird gelesen? Handelt es sich bei dem Text um Belletristik, ein Sachbuch, wissenschaftliche Publikationen, ein Schulbuch, oder eine Zeitschrift?
  • WIE wird gelesen? Wie der Leser liest, hängt davon ab, was er liest. Romane werden linear gelesen, also meist vollständig vom ersten bis zum letzten Wort. Sachbücher hingegen werden eher informierend gelesen, d.h. Inhalte werden oft überflogen um relevante/interessante Abschnitte zu finden, die dann vollständig gelesen werden.

 

Je nach Art des Lesens bieten sich andere typographische Eigenschaften an. Dieser Artikel wird sich hauptsächlich mit belletristischen Texten, die linear gelesen werden, beschäftigen, um den Rahmen nicht zu sprengen. Um einen Roman von vorne bis hinten zu lesen, muss der Leser sich meist einige Stunden Zeit nehmen. Das kann sehr anstrengend werden, wenn der Text zu klein, zu eng oder anderweitig ungünstig gesetzt wurde.

Bevor wir beginnen im Kleinen zu arbeiten, sollten Sie Ihren Text zuerst einmal angemessen gliedern, da es sich bei Belletristik in der Regel um lange Fließtexte, die selten durch Illustrationen oder andere Gestaltungsmöglichkeiten unterbrochen werden, handelt. Der erste Schritt in diese Richtung ist eine Unterteilung des Textes in Kapitel, mit Hilfe von Überschriften. Der Leser wird es Ihnen danken, wenn Sie dem Text außerdem durch den bedachten Einsatz von Texteinzügen, Weißräumen und sinnvoll gesetzten Absätzen eine durchdachte Struktur geben.

Für gedruckte belletristische Texte empfiehlt es sich, eine Schrift mit Serifen, eine sogenannte Antiqua, zu verwenden. Nicht, dass es nicht auch gut lesbare serifenlose Schriften, sogenannte Groteske, gäbe, doch besonders bei Romanen sind serifenlose Schriften untypisch und ungewohnt.

Beispiel für die gelungene optische Gliederung eines Romans mit Hilfe typografischer Mittel.
Auch die Art des Lesens spielt eine wichtige Rolle, bei belletristischen Texten ist deshalb die Wahl einer Antiqua zu empfehlen, in Sach- und Fachbüchern bieten sich Groteske an. Grundsätzlich sollten klare, nicht verspielte Schriften ohne besondere Schnörkel gewählt werden, um einen guten Lesefluss zu garantieren. Legen Sie sich auf eine Schriftart für Ihren Text fest, denn ein Wechsel zwischen verschiedenen Schriften bringen Unruhe in den Text und stören den Leser.

Strichstärke, Laufweite und Grauwert

Weitere Faktoren, welche bei der Auswahl der Schrift zu berücksichtigen sind, sind die Strichstärke und der Zeichenabstand, die sogenannte Laufweite. Da Ihr Text wahrscheinlich in einer Lesegröße, also keiner besonders großen Schriftgröße, gesetzt wird, sollte die Laufweite nicht zu gering sein. Das Auge wird sonst auf Dauer Probleme haben, die Buchstaben zu trennen, und vermehrt über Wörter „stolpern“. Die Strichstärke beschreibt die Dicke der Linien, aus denen die Buchstaben bestehen.

Je größer die Strichstärkenunterschiede zwischen verschiedenen Linien eines Buchstabens bzw. einer Schriftart sind, desto schwieriger ist es, einen Text dieser Größe zu lesen. Auch zu feine oder zu fette Schriftstärken sind zu vermeiden, für einzelne Worte zur Hervorhebung kann damit natürlich gespielt werden. Entscheidend ist hierbei auch der Grauwert, die wahrge-nommene Helligkeit des Textes.

Stehen die Buchstaben zu eng und sind die Linien zu dick, ist der Grauwert durch die verkleinerten Buchstabeninnenräume sehr hoch, was das Lesen erschwert; sind die Linien zu fein, mangelt es an Kontrast und der Grauwert ist zu gering.

Wort- und Zeilenabstände

Zeichenabstände sind nicht die einzigen wichtigen Abstände. Auch Wort- und Zeilenabstand gilt es zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, was sich bei den Wortabständen etwas schwieriger gestaltet als bei Zeilenabständen. Zum Problem werden die Abstände zwischen einzelnen Wörtern meist erst, wenn Texte im Blocksatz ausgerichtet werden. Dadurch, dass der Text so angepasst werden muss, dass alle Zeilen links und rechts auf gleicher Länge enden, können zwischen einigen Wörtern zu große Lücken entstehen, die für Stolperer beim Lesen sorgen. Meist passiert das aber nur in schmaleren Textspalten als in Romanen üblich und wird wahrscheinlich keine Regelmäßigkeit in Ihrem Text sein. Blocksatz wird dennoch empfohlen, und mit der Silbentrennungsoption von Microsoft Word kann man auch dem Problem der vergrößerten Wortabstände Herr werden.

Zeilenabstände hingegen können ganz unproblematisch geändert werden. Richtwert ist das Einstellen eines Abstands, der 120% der Schriftgröße entspricht (bei 10pt Schrift also 12pt Zeilenabstand). Bei sehr kurzen Zeilen können die Zeilen auch ohne Probleme enger stehen, bei langen Zeilen sollte der Zeilenabstand vergrößert werden, solange dadurch keine zu großen und störenden Leerflächen entstehen.

Satzspiegel

Um zu vermeiden, dass die Seitenränder zu breit oder zu schmal werden, müssen auch die Zeilenlängen angepasst werden. Kurze Zeilen füllen zwar mehr Platz, sorgen aber dafür, dass der Leser öfter zum Anfang einer neuen Zeile springen muss. Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Roman lesen, dessen kompletter Text so breit wie eine in Zeitungen übliche Spalte gesetzt ist. Das macht auf Dauer keinen Spaß. Lange Zeilen erhöhen das Risiko, in den Zeilen zu verrutschen und fordern dementsprechend mehr Konzentration von den Lesern.

Zeilenlängen und Zeilenabstand entscheiden ebenfalls, neben der Schriftgröße, wie „voll“ Ihre Seiten sind. Durch besondere Großzügigkeit in diesen Punkten, kann man einen Text bei Bedarf auf mehr Seiten strecken, was Ihr Buch etwas umfangreicher wirken lässt. Wenn die Seiten Ihres Buches jedoch zum Großteil aus Seitenrand und Zeilenzwischenraum bestehen, ist das weder optisch noch lese-technisch besonders ansprechend für Ihr Publikum. Es ist besser, wenn Sie den Platz auf Ihren Seiten gut ausnutzen. Mehr Informationen dazu finden Sie auch in unserem Leitfaden „Die Konstruktion eines Satzspiegels.
Beispiel: Typische, angenehm zu lesende Romantypografie die das lineare Lesen unterstützt.
Zum Vergleich: Typografische Gestaltung eines Sachbuchs, welche informierendes Lesen begünstigt.

Schriftschnitt

Das sind einige Dinge auf die man achten muss, nicht wahr? Es gibt tatsächlich noch viel, viel mehr. Aber allzu viele Punkte wollen wir nicht mehr aufzählen, schließlich haben wir bereits eine gute Grundlage. Doch um die Themen Schriftgröße und Schriftschnitt kommen wir nicht herum. Die Auswahl der Schriftgröße ist im Grunde recht simpel, in einem Fließtext erkennt man ja durch Gewohnheit und Vergleichswerte recht schnell, ob die Schrift einen Müh zu groß oder zu klein ist.

Bei dem Begriff Schriftschnitt besteht möglicherweise noch etwas Klärungsbedarf. Er fasst Laufweite, Lage und Strichstärke zusammen. Lage bedeutet im Grunde kursiv oder nicht kursiv, Laufweite beschreibt die Zeichenabstände sowie die Breite der einzelnen Zeichen und die Strichstärke beschreibt die Dicke der Buchstabenlinien.

Für viele Schriftarten gibt es eine Vielzahl von Schriftschnitten, die gemeinsam eine Schriftfamilie bilden. Am gängigsten sind natürlich kursiv, fett oder fett-kursiv. Für den Großteil des Textes ist von diesen zusätzlichen Formatierungen, auch Auszeichnungen genannt abzuraten, aber natürlich gibt es einzelne Wörter oder Sätze, die es sich anbietet so hervorzuheben.

Nicht zu vergessen Überschriften! Beispielsweise beim Gliedern des Textes in Kapitel, die möglicherweise mit einer Überschrift ausgestattet werden, darf die Schrift natürlich gerne größer und/oder fett-kursiv sein, sie soll ja ins Auge fallen.

Wenn Sie Ihren Text überarbeitet und angepasst haben, aber sich weiterhin unsicher sind, geben Sie ihn an Familie oder Bekannte weiter (im besten Fall an Menschen, die auch gerne und häufig lesen) und bitten Sie sie, einmal mehr auf den Lesekomfort zu achten. Auch ohne Typografiekenntnisse sollten Ihre Probeleser in der Lage sein, Sie gegebenenfalls auf Störfaktoren hinzuweisen. Für weitere Informationen zum Einrichten des Buchblocks in einem Programm wie Word, finden Sie hier den Auftakt zu unserer Reihe von Blogbeiträgen zu diesem Thema.

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